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Die halbseidene Frau Gemahlin Deprimiert kam Felix Pietrowsky nach Hause. Das konnte doch nicht wahr sein! Nach diesen Flitterwochen - er würde seine Frau sofort mit dem Gerücht konfrontieren... Heimlich klammerte er sich noch an jenen Strohhalm vager Hoffnung, es gäbe für alles eine harmlose Erklärung. Tatsächlich aber machte er sich nichts vor: Als Felix die Tür aufschloss, empfing ihn ungewöhnliche Stille. Niemand zu Hause. Resigniert ließ er den Mantel von den Schultern rutschen, knüpfte ihn an einen Haken und verschwand in der Toilette. Beim Händewaschen betrachtete er sein Gesicht: Es schien eingefallen, spannungslos, alt. Noch am Morgen hatte ihm beim Rasieren ein weitaus Jüngerer entgegen gelacht. Mit welchen Augen seine Frau ihn wohl betrachtete? Verunsichert schlurfte er durch die Totenstille. Auf dem Wohnzimmertisch lag ein Zettel: „Bin mit meinem Chef unterwegs.“ Zornesglut wallte in Felix’ Gehirn auf. Ob sie ’s mit dem auch trieb? „Komme zwischen 16 und 17 Uhr.“ - Aha! - Komisch, bisher hatte er sich nie was dabei gedacht... Er war hundemüde, aber unter diesen Umständen widerte ihn sein Bett an. Instinktiv verkroch er sich in den alten Ohrensessel seines Vaters, der in der Bücherecke einen würdigen Platz gefunden hatte. Dort fand seine gebeutelte Seele Geborgenheit und bald wiegten ihn traute Erinnerungen an Märchen und Lausbuben-Geheimnisse in tröstlichen Schlaf. Kaffeeduft weckte Felix aus seiner seelischen Betäubung. Die große Standuhr schlug fünf. Die Tür öffnete sich langsam und Sieglinde erschien mit einem Paket voller Konditoreiwaren. Nachdem sie das Gebäck auf die Tortenplatte drapiert hatte, setzte sie sich auf die Armlehne seines Schlafsessels und streichelte seine rechte Wange: „Du siehst blass aus“, hauchte sie besorgt, „bist Du krank?“ Aus den Marzipan-Kartoffeln quoll feiste Schokoladencreme und in den Windbeuteln türmten sich Berge geschlagener Sahne. Jetzt oder nie! Er musste die Bombe platzen lassen: „Hast Du Dich gut amüsiert während meiner Abwesenheit?“ fragte er spitz und schlürfte am Wasserglas, während er den Kaffee stehen ließ. „Hm, ja“, schmunzelte Sieglinde erheitert, „gestern ganz besonders...“ Welche Dreistigkeit! Felix sandte der Verhörten einen strafenden Blick über den Tisch, fixierte ihre unbekümmerte Fröhlichkeit mit der ungebändigten Wut eines gehörnten Ehemannes. „Was hast Du denn?“ fragte sie erstaunt. - ‘Scheinheiliges Biest!’ dachte er „Bist Du etwa eifersüchtig?“ Sieglinde lachte belustigt. Felix knurrte wie ein gepiesackter Wolf. Sie bezwang sein Zornesbeben mit einem festen Blick und holte tief Luft: „Jetzt hör’ mir mal gut zu, mein Lieber: Ich habe einen gut bezahlten Job und brauche keinen Ehemann, der mich ernährt. Da ich weder hässlich, noch schüchtern bin, habe ich es auch nicht nötig, mir einen Mann fürs Bett zu sichern...“ Kling-klang, die Türglocke unterbrach ihren Aufklärungsvortrag. Da Felix wie festgenagelt sitzen blieb, eilte Sieglinde hinaus. So war das also! Felix starrte ihr fassungslos nach. Dies war nun seine wirkliche Frau - seine zärtliche Geliebte entpuppte sich... Unglaublich! Felix brütete Rachegedanken. Seine waidwunden Blicke kreisten im Raum: Ein Tortenmesser, ein schmiede-eiserner Kerzenleuchter, eine bronzene Buddha-Figur ... Von draußen drang Gemurmel ins Wohnzimmer. Das war doch Roberts Stimme... Dieser Schuft! Felix erhob sich und preschte in Rage um den Tisch. Er fühlte sich wie ein Tiger vorm Auftritt in der Manege. Allerdings wollte er keine Kunststücke vorführen - er verspürte Lust, dieses falsche Weib zu zerfleischen... Energisches Türenschlagen. Die Dompteuse erschien auf dem Schlachtfeld: „Wo waren wir stehen geblieben?“ unterbrach sie seine düsteren Gedanken und legte wie beiläufig zwei Kärtchen neben das Telefon. Felix setzte sich widerwillig auf seinen Stuhl. Sieglinde rückte einen Schemel vor seine Füße und umfasste seine Knie. Ihre Nähe durchbrach die Kältemauer seines aufgestauten Hasses. Die aggressive Ladung entwich wie Luft aus einem entknoteten Ballon: „...dass Du keinen Ehemann brauchst“ krächzte es so kläglich aus seinem Hals, als hätte er eine rostige Trompete verschluckt. Sieglinde spürte seine Qualen. Behutsam nahm sie seine zitternden Finger in ihre warmen Hände. „Eben“, betonte sie sanft. Ihm war zum Heulen. Gerade noch hätte er sie erschlagen mögen, jetzt war er bereit, sie auf Knien anzuflehen, doch bei ihm zu bleiben. "Wenn ich also keinen Ehemann brauche“, erläuterte sie weiter, „und mir trotzdem einen zulege, dann nur, weil ich mich in der Gesellschaft dieses besonderen Mannes so wunderbar fühle, dass ich ihn jedem andern vorziehe.“ Felix schaute verdattert aus der Wäsche und fühlte sich von einem Fakir-Brett in eine Buttercremetorte versetzt. Ungläubig forschte er in ihren Augen: „Und warum schmust Du dann mit meinem besten Freund in Nachtbars herum, während ich auf Geschäftsreise bin?“ Sieglinde grinste: „Ich weiß nicht, wer Dir das geflüstert hat – aber Schmusen ist übertrieben. Mein gespieltes Turteltäubchen-Gebaren gegenüber Robert hatte einen plausiblen Grund.“ „Und der wäre?“ fragte Felix aufatmend. Felix stieg das Blut in die Adern. Befreiendes Gelächter platzte aus seinen Wangen: Felix zog seine Angetraute in die Arme, Mantovanis Geigen schluchzten aus dem Radio, der Kaffee wurde kalt und die Theaterkarten harrten bis zur Pause ihrer Verwendung. Nach der Vorstellung wartete der gestrenge Dienstherr auf Herrn Pietrowsky und lud das strahlende Ehepaar zu einem Versöhnungs-Sekt an die Bar. Während er sich großmütig in dem Glauben wähnte, eine Ehe gerettet zu haben, entschuldigte sich seine eigene Frau wegen plötzlicher Migräne... Aber das beachtete er nicht weiter...
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